Unsere schöne Zeit mit Mohi

Im Mai 2006 erfuhren wir ( examinierte Krankenschwester und Chirurg ) über die Zeitung, dass eine humanitäre Organisation „Gasteltern“ für ein etwa 6 jähriges Kind aus Afghanistan suchte. Wir haben uns bereit erklärt, die Aufgabe zu übernehmen.

Mohi

Mohi

Der kleine Junge litt an einer Lippengaumenspalte (Hasenscharte), an einer eiterigen Mittelohrentzündung, an einer erheblichen Gangstörung, und wie es sich später herausstellte, an einem Herzfehler. Er hatte schlechte Zähne, war dünn und kränklich. Er wurde abends zu uns gebracht und kam sich verständlicherweise sehr fremd vor. Er weinte, was uns sehr traurig machte. Die erste Nacht war für uns Gasteltern und für unser Gastkind anstrengend.

Als er morgens aufwachte, sah für ihn und damit auch für uns die Welt viel fröhlicher aus. Dennoch hatten wir das Gefühl, dass er ‘dem Braten nicht ganz traute’ und am liebsten sofort wieder nach Hause wollte.

Er hatte von seinen Eltern eine kleine Plastiktasche mit einer Unterhose, ein paar Socken und mit einer Rolle Plätzchen, als Gastgeschenk für uns, mit auf die Reise bekommen.

Er passte sehr auf sein ‘Eigentum’ auf. Selbst das Gastgeschenk ließ er nicht aus den Augen. Bekleidet war er mit einer Jeanshose, eine Jeansweste und  offenen Plastiksandalen. Die Tasche war ansonsten leer.

Er war extrem dünn und sah auch deutlich krank aus. Nachdem er etwas gegessen hatte, haben wir ihm – wie wir meinten – klar gemacht, dass wir spazieren gehen wollen. Damit war er sofort einverstanden und war sehr froh, was uns etwas wunderte. Er hat seine Sachen sofort zusammen gepackt und in die Tasche gelegt, selbst das Gastgeschenkt hat er eingepackt. Er dachte wahrscheinlich, dass wir bis dahin eine ganze Rolle Plätzchen noch nicht verdient hatten. Er ging anscheinend davon aus, dass wir ihn direkt nach Afghanistan bringen würden, da er wohl uns das Leben mit Erfolg schwer gemacht hätte und das ‘Unternehmen’ nun mal beendet sei. Als wir wieder nach Hause kamen erschien er traurig. Geweint hat er aber nicht mehr. Vermutlich hatte er sich “ergeben“ und wollte sehen, wie es hier weitergeht. Wir sind mit ihm in die Stadt gefahren, um ihn einzukleiden. Er hatte viel gesehen, ein Eis gegessen, feste Schuhe, Wäsche, Hosen und Spielzeug bekommen. Er fuhr sichtlich gern mit dem Auto und mit dem Aufzug. Nur vor der Rolltreppen hatte er Angst.

Allgemein erschien er mit uns zufrieden, wenn er auch noch sein Gastgeschenk gut versteckte und es bei sich hielt als wolle er noch unser Verhalten abwarten.

Mohi & Gastvater

Mohi & Gastvater

Er heißt ‘Mohebulla’ und bekam er von uns den Spitznamen‘Mohi’ , womit er sich rasch und gern anfreundete. Unsere Töchter haben Mohi sehr geliebt. Nach der Herzoperation sind wir nach Holland zum Meer gefahren. Ich glaube so viel Wasser hatte er in seinem Leben noch nie gesehen. Er ist mit uns ins Wasser gegangen, hat im Sand gespielt und hat uns ständig mit seinen afghanischen Tänzen sehr viel Freude gemacht. Er tanzte, sobald er afghanische oder persische Musik hörte.Er hatte eine schwere Mittelohrentzündung beiderseits, er hörte nicht gut, er lief sehr hinkend und mied mit seiner Hasenscharte sämtliche Kinder, weil Kinder ihn in seiner Heimat wahrscheinlich gehänselt hatten. Nach einigen wenigen Tagen hatte er uns, insbesondere seine Gastmutter sehr lieb, gewann Vertrauen,  aß relativ gut, hatte keinen Durchfall mehr und begann zuzunehmen.

Nun begann der Ernst der Angelegenheit. Die Lippengaumenspalte wurde  in Universität Düsseldorf (Prof. Kübler) operiert. Er musste in der Klinik bleiben. Weil seine Gastmutter, die er Meme nannte, Tag und Nacht bei ihm blieb war das leichter zu ertragen. Nach Abschwellen des Gesichtes schien er sich selbst gut zu gefallen und schaute sich immer wieder bewundernd im Spiegel an. Sein Bein war aufgrund von früheren Verletzungen sehr entkalkt und schwach, aber erforderte keine Operation. Bei den Untersuchungen fiel auf, dass er auch einen Herzfehler hatte, der operiert werden musste. Sowohl bei der Operation der Ohren durch Herrn Prof. Dost im Marienhospital Gelsenkirchen ( 9 Tage) und als auch bei der Herzoperation durch Herrn PD Dr. Rieß in Albertinen – Krankenhaus in Hamburg(16 Tage) war seine ‘Meme’ Tag und Nacht anwesend und ich als sein Gastvater, ‘Baba’ kam natürlich immer zu Besuch.

Mohi & Gastmutter

Mohi & Gastmutter

Er heißt ‘Mohebulla’ und bekam er von uns den Spitznamen‘Mohi’ , womit er sich rasch und gern anfreundete. Unsere Töchter haben Mohi sehr geliebt. Nach der Herzoperation sind wir nach Holland zum Meer gefahren. Ich glaube so viel Wasser hatte er in seinem Leben noch nie gesehen. Er ist mit uns ins Wasser gegangen, hat im Sand gespielt und hat uns ständig mit seinen afghanischen Tänzen sehr viel Freude gemacht. Er tanzte, sobald er afghanische oder persische Musik hörte. Leider brach er sich beim Tanzen – ohne ein adäquates Trauma- das schwache und sehr entkalkte Bein. In der gleichen Nacht wurde das Bein operiert.

Nach der letzten Operation am Bein im Marienhospital Gelsenkirchen und der Sanierung seiner Zähne durch Herrn Dr. Schuppmann in Düsseldorf kam allmählich die Zeit des Rückfluges. Nach 11 Monaten war der Gedanke an Trennung für alle schwer.

Wir bereiteten ihn auf die gemeinsame Reise nach Afghanistan vor in dem wir ihm mehr und mehr von seiner Familie erzählten.

Später stellten wir fest, dass er die ganze Zeit gedacht hatte, wir würden mit ihm und mit seiner leiblichen Familie in Afghanistan leben. Der Abschied in seinem Elternhaus in Kabul war emotional und sehr schwer für beide Seiten.

Als medizinischer Vorstand der Organisation habe ich ihn auch nach seiner Rückkehr häufiger in Afghanistan gesehen. Er ist gesund, geht zur Schule und hat einen Privatlehrer, damit er alles nachholt, was er  durch Krankheit versäumt hatte. Er scheint mit seinen 5 Geschwistern und den Eltern glücklich zu sein.

Wir denken oft an Mohi, an seine liebevolle Art, seine Geduld mit der er seine vielen Operationen hingenommen hat, seine Tänze, an seine Anhänglichkeit und an seine Umarmungen.

Wir, als seine Gasteltern sind ihm dankbar für die Freuden, die er uns gemacht hat. Er selbst hat sich nie verbal bedankt. Seine herzliche Bindung zu uns war ein non verbales Zeichen der Dankbarkeit, was wir sehr zu schätzen wissen und nie vergessen werden. Wir hoffen, ihm weiterhin auf dem Wege zum Erwachsen werden helfen zu können. Die Zeit war für uns ein Geschenk, das wir nicht missen wollen. Übrigens, nach einigen Wochen gab er uns endlich sein Gastgeschenk, das wir wohl jetzt verdient hatten.

Er bleibt unser unvergesslicher Mohi, dem wir das Beste für seine Zukunft wünschen. Er hat uns so viel mehr gegeben, als wir ihm haben geben können.